Donnerstag, 10. April 2014

Das Tränende Herz... oder loslassen ist nicht immer einfach

Lamprocapnos spectabilis
Im Moment blüht es in meinem Garten wie verrückt. Manches ist früh in diesem Jahr ohne rechten Winter.  Ich mag mich erinnern, dass ich mich schon oft im Mai gefragt habe, wann denn endlich unser Nussbaum wieder austreibt. Dieses Jahr sehe ich bereits die ersten Knospen. Ich bin ja gespannt, ob sich diese Fruchtbarkeit auch bei den Menschen niederschlägt. 

Was auch bereits aus der Erde schaut ist das "Tränende Herz" alias Lamprocapnos spectabilis. Diese Blume symbolisiert für mich wie keine andere, die Mutterschaft. Auch wenn es Heilkräuter geben mag, wie Alchemilla vulgaris oder andere, welche in der Frauenheilkunde von grosser Bedeutung sind, so ist es doch diese Pflanze, welche in ihrer Schönheit ganz oft wiederspiegelt, was in meinem Herz vorgeht. Das heisst wiederum nicht, dass ich dauernd traurig bin, dem sei weit gefehlt, aber ganz oft, spüre ich doch den Hauch von Wehmut oder halt auch mal eine grosse Traurigkeit. Denn - und das wird mir je länger je mehr klar - wird die Mutterschaft geprägt vom Loslassen. 

Loslassen beginnt schon früh. Eine Schwangerschaft bedeutet erstmal das Loslassen von einem bekannten Zustand, als weibliche und bis anhin kinderlose Person, die sich bislang vorallem um das eigene Wohl sorgen musste. In der Schwangerschaft ändert sich vieles. Hormonelle Veränderungen, der Bauch wächst, die Brust entwickelt sich, die Brustdrüsen bereiten sich aufs Stillen vor. Manchmal - und das kommt gar nicht selten vor - muss man in dieser ersten Zeit schon wieder loslassen. Die Schwangerschaft endet bereits in diesem frühen Stadium. Und auch da heisst es sich wieder Verabschieden von einer Phantasie, einer Verheissung, was hätte werden können. 

Doch meistens geht  alles gut und wir sind nun "guter Hoffnung", dass die Schwangerschaft stabil bleibt, das Ungeborene in unserem Bauch heranwächst, gut geschützt vom Fruchtwasser, ernährt durch die Plazenta. 

Und dann folgt der Tag, den wir die ganzen langen Wochen herbeigesehnt oder auch gefürchtet haben. Der Tag der Geburt. Und wie kein anderer Tag, ist das ein Tag des Loslassen. In diesem Moment müssen wir unser Ungeborenes loslassen in die Welt hinaus. Wir verabschieden uns von einer Idee, wie wir uns dieses Kind vorgestellt haben und begrüssen ein Geschöpf, dass ein ganz eigenes Individuum ist. Dieses Kind wird sein eigenes Leben haben, es wird seine eigenen Vorstellungen haben, es wird lieben, es wird sich fürchten, es wird seine eigenen Fehler machen und es wird unbändige Freude verspüren. Und wir werden merken, dass wir es nicht vor allem beschützen können. Dieser Tag der Geburt, ist ein Ende, aber auch der Anfang von etwas Wunderbaren. Die Wehen unterstützen diesen Vorgang des Loslassens. 

Das Kind entwickelt sich weiterhin im Eilschritt. Gerade wenn wir uns an etwas gewöhnt haben, fängt ein neuer Abschnitt ab. Eben haben wir ausschliesslich gestillt, so steht nun Beikost auf dem Plan. Kaum fängt es an zu robben, so scheint es, springt es im nächsten Moment durchs Wohnzimmer. Gerade noch haben wir die Chrabbelgruppe besucht, so steht nun Muki Turnen auf dem Plan. Wir sind beständig dabei unser Leben neu zu organisieren und folgen in atemlosen Tempo dem Entdeckerdrang unserer Kinder. 

In diesem Sommer ist für mich nun wahrlich ein grosser Lebensabschnitt zu Ende. Meine jüngere Tochter wird in den Kindergarten kommen, mein grosse Tochter in die Schule. Die Kleinkinderphase ist definitiv zu Ende. Gerade mal sechs Jahre ist es her, als ich dieses kleine Bündel Mensch zum ersten Mal in den Armen hielt und das es in Windeseile geschafft hat, sich mit ihrer Schwester zusammen, den grössten Teil meines Herzens zu erobern. So zärtlich geliebt. Und nun sind es schon beinahe nur noch Erinnerungen an diese ersten Lebensjahre meiner Kinder. 

Und darum symbolisiert das Tränende Herz für mich die Mutterschaft. Denn meistens ist es nur mein Herz, das weint und mein Lächeln drückt die Freude aus, dass sich meine Kinder so gut entwickeln und ihre Welt entdecken.

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