Mittwoch, 26. November 2014

Geburtshilfe? Kritische Gedanken

Gestern habe ich viele schwierige Geburtsgeschichten gelesen und gesehen. Organisiert durch Roses Revolution wurden vor verschiedenen Kliniken Rosen deponiert, als Hinweis darauf, das von der entsprechenden Frau an diesem Ort Gewalt erfahren wurde. 

Paralell dazu zeigte ORF den Film "Meine Narbe". Ebenfalls sehr berührend. 

Ich bin immer wieder erschüttert, was Frauen angetan wird. Und das in unserer heutigen, aufgeklärten Welt. Gewalt hat viele Facetten. Auch Gleichgültigkeit kann für Frauen unter der Geburt traumatisch sein. In einem so sensiblen Prozess sind mitfühlende Worte und gutes Zureden unglaublich wertvoll. 

Vieles wird von uns auch einfach toleriert, weil wir denken, dass es normal ist, obschon es eigentlich überhaupt nicht nötig ist. Wenn ich da beispielsweise an die Abwärtsspirale denke, die durch vielleicht unnötiges Einleiten verursacht wird, welches dann möglicherweise heftige, unnatürliche Wehen auslöst, die dann wiederum weitere Interventionen nach sich ziehen. Viele Frauen sind unglücklicherweise viel zu wenig aufgeklärt, was es für Möglichkeiten gibt und was sie überhaupt bei einer Geburt erwartet. Oder sie haben zu wenig Rückhalt. Wir neigen ja logischerweise und meistens auch zu Recht dazu, das zu glauben, was uns von den Ärzten erzählt wird. 

Immer wieder lese oder höre ich auch diesen oder ähnlichen Satz: "Ich hatte einen Notkaiserschnitt, zum Glück, denn sonst wären ich oder mein Kind gestorben." Und ja, ich bin absolut der Meinung, zum Glück gibt es heute die Möglichkeit des Kaiserschnittes, wenn WIRKLICH Gefahr für Mutter und Kind besteht. Aber heute wird ein Kaiserschnitt auch oft in irgendeiner Form provoziert und ich möchte sogar glauben, nicht immer mit Absicht. Aber um auf den Satz zu Beginn des Abschnittes zurückzukommen: nicht selten hätte es auch gar nicht so weit kommen müssen, dass Gefahr für Mutter und Kind besteht. 

Genau so oft hört man: "Ui, Wehen, die tun so unglaublich weh, das ist der schlimmste Schmerz überhaupt". Ja, mein Gott, was löst denn das in den Frauen aus? Natürlich können Wehen schmerzvoll sein, aber dieser Satz frisst sich in den Köpfen der Frauen fest und löst so wiederum eine Abwehrhaltung aus. Unterschätze nie die Macht der Gedanken! Wäre es nicht schöner, wir würden unseren Freundinnen und Töchtern weitergeben, wie wir uns unter der Geburt verhalten können, damit wir mit den Wehen - die ja dazu da sind unser geliebtes Kind auf die Welt zu bringen - umgehen können? 

Wir sind heute soweit, dass wir das als normal akzeptieren, was uns tagtäglich unter der Geburt passiert. Und da möchte ich nun den Link zu meiner eigenen Person machen. Auch ich habe Schlimmes unter der Geburt erlebt. Ich mag mich jetzt noch an die beiden Sätze erinnern, wie wenn es gestern war: "Wir hören sie schon schreiben, aber wir können nichts machen"  (Wir haben einfach keine Zeit) und "Oh, jetzt hat ihr Kind Temperatur. Durch Fieber können im Fall ganz viele schlimme Krankheiten entstehen". Dies ein paar Tage nach der Geburt, als meine Tochter noch auf der Neo war und ich - gepeinigt und verängstigt dastand und dachte, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen. Man kann das doch auch etwas anders formulieren. Das sind jetzt nur zwei Beispiele, die mich noch lange beschäftigt haben.

Wie dem auch sei. Kurz nach der Geburt meiner zweiten Tochter habe ich das erste Mal über Doulas gelesen. Und da wusste ich: genau das hat mir während meinen Schwangerschaften, Geburten und im Wochenbett gefehlt. Ich bin überzeugt, dass unter anderem durch die liebevolle Unterstützung einer Doula vieles anders gekommen wäre. Und genau darum habe ich dann die Ausbildung zur Doula gemacht, weil ich mir wünsche, dass andere Frauen einen besseren Start in die Mutterschaft haben. Und das ist es, was mir die Kraft gibt für meine Arbeit. Eine Arbeit, die nicht immer nur einfach und schön ist, die auch viel Durchhaltewillen braucht, bei denen es Rückschläge gibt und die oft anstrengend ist. Aber das Resultat, das tiefe Glück, wenn es einer Frau hilft, wenn sie mich hat, lässt sich nicht in Gold aufwiegen. 

Doch leider braucht es einfach noch so viele Pionierarbeit, das braucht einen langen Schnauf, denn ab und zu kommt Gegenwind, wenn man nicht damit rechnet. Aktuell bin ich zum Beispiel auf Pikett, in der Hoffnung, dass ich nicht zur Geburt gerufen werden. Wieso das? Meine Schwangere hat heimlich von einer Hausgeburt geträumt und durch Aufklären, Mut  machen, Abklärungen, mit ihr diesen Prozess gehen, soll das mit der Hausgeburt nun doch noch kurzfristig klappen. Leider möchte die Hausgeburtshebamme, auf keinen Fall, dass eine Doula dabei ist. Und so bin ich halt nun auf Pikett für den geringen Fall, dass eine Verlegung ins Spital nötig wäre. Aber ich bin gutes Mutes und ich sende meiner Schwangeren in Gedanken all die guten Wünsche die sie braucht. Schade, dass das manchmal so kommt. Aber das ist zum Glück eine der wenigen negativen Situationen, die ich bisher mit anderen Fachpersonen erlebt habe. Es gab bisher mehrheitlich positive Begegnungen. Wie den Frauen, versuche ich ihnen mit offenem  Herzen zu begegnen und sie so zu nehmen, wie sie sind. 

Gemeinsam können wir den Schwangeren und ihren Familien eine gute Geburt und einen tollen Start in die Elternschaft ermöglichen.